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Kulturerbe im Krieg

Unmittelbare Bedrohung

Das vielschichtige kulturelle Erbe der Ukraine ist durch den andauernde Krieg Russlands gegen die Ukraine bedroht. Es wird durch die Geschichtspolitik Russlands in Frage gestellt, und es ist durch die militärische Aggression der Zerstörung ausgesetzt.

Nach den Zählungen des Workshops for the Academic Study of Religions wurden seit Beginn des vollumfänglichen Krieges Russlands gegen die Ukraine am 24. Februar 2022 ca. 550 Gotteshäuser in der Ukraine teilweise oder ganz zerstört – Kirchen, Moscheen, Synagogen und Glaubensorte anderer religiöser Gemeinschaften. Besonders schwierig ist die Lage in den besetzten Gebieten, wo viele Geistliche Widerstand gegen das Okkupationsregime leisten und humanitäre Hilfe organisieren. Diese Aktivitäten werden von den russischen Okkupanten brutal unterdrückt.

Die Holzkirchen sind aufgrund ihres leicht entflammbaren Baumaterials den unmittelbaren Gefahren des Krieges in besonderer Weise ausgesetzt. Die Allerheiligenkirche im Kloster Svjatohirsk im Oblast Donezk etwa wurde durch einen Bombentreffer vollständig zerstört. Ein weiteres Problem tritt hinzu: die gezielten Angriffe Russlands auf die Infrastruktur der Ukraine haben gravierende Folgen für die Energieversorgung. Institutionen, die für die Bewahrung des kulturellen Erbes verantwortlich sind – Museen, Archive, Denkmalpflege usw. – sind mit zeitweisen Ausfällen der Stromversorgung konfrontiert. Die Situation wird sich im Winter 2024/2025 verschärfen. Dadurch sind Objekte, die besonders sensibel auf Temperatur und Feuchtigkeit und vor allem auf Schwankungen dieser Parameter reagieren, unmittelbar bedroht. Holz ist ein solches Material!

Schleichende Gefahr

Die größte Gefahr kommt jedoch schleichend und bedroht den gesamten Bestand!

Der Krieg führt zu einer massiven und vor allem zunehmenden Einschränkung der finanziellen und der personellen Mittel, die für die Pflege und die Restaurierung von Denkmälern bereitstehen. Die fortgesetzte Mobilisierung, die der Krieg Russlands der Ukraine aufzwängt, wird in absehbarer Zeit den Personalbestand in den Museen, den Institutionen der Denkmalpfleg und unter den Restaurator:innen weiterhin stark reduzieren.

Oleksandr Suprun ist Mitarbeiter des Klymenty Sheptytskyj-Museums in Lviv. Er ist Spezialist für Holzrestaurierung und -konservierung, insbesondere von Schnitzwerk. In den ersten Tagen des Angriffes Russlands auf die Ukraine im Februar 2022 wurde Oleksandr in die Armee eingezogen und kämpft seitdem an der Front. Seine Fachkompetenz wird am Museum schmerzhaft vermisst, denn im Moment kann niemand seine Aufgaben übernehmen.

Die Architektur und die Ausstattung der Holzkirchen bedürfen aufgrund ihrer Materialität einer spezifischen restauratorischen Pflege und besonderen Sicherung. Das kann aufgrund des Mangels, den der Krieg hervorruft, nur noch eingeschränkt gewährleistet werden. Dringend notwendige Arbeiten können nicht mehr fachgerecht betreut werden. In Smosche etwa führte im März 2024 eine überalterte elektrische Anlage zu einem Brand. Er zerstörte die als Denkmal von nationaler Bedeutung eingetragene Kirche des Erzengels Michael vollständig. Erhalten blieb lediglich der freistehende Kirchenturm.

Zukunftsweisendes Projekt

Der Bedarf einer fachgerechten Sicherung der Holzkirchen ist größer denn je! Die finanziellen und personellen Voraussetzungen dafür werden jedoch durch den Krieg massiv und zunehmend eingeschränkt. Es besteht also ein drängender Bedarf an Weiterbildung von Fachkolleg:innen und an Schulungen für die engagierten Menschen, die sich unter den Bedingungen des Krieges vor Ort um die Objekte kümmern – wie beispielsweise in Kuhajiv.

Foto Andrij Salyuk

Die Mitarbeiter:innen des Klementy Sheptytskyj Museums für Volksarchitektur und ländliches Leben in Lviv haben vor diesem Hintergrund die Initiative ergriffen. Das Museum ist eines der herausragendsten Freilichtmuseen in der Ukraine, die sich der Bewahrung der Kultur und der Praxis der Holzarchitektur verschrieben haben. Hier soll ein Zentrum für Holzrestaurierung entstehen. Kurzfristig sollen dringend benötigte Schulungen für Personen angeboten werden, die unter den Bedingungen des Krieges drängenden Sicherungsarbeiten durchführen müssen. Langfristig soll das Zentrum zu einem modernen Laboratorium ausgebaut werden, wo in enger Kooperation mit Institutionen in der Europäischen Union innovative Technologien der Holzrestaurierung in die Arbeit in der Ukraine implementiert und überliefertes Wissen bewahrt und vermittelt werden wird. Das Zentrum wird als Schnittstelle zwischen der internationalen Fachgemeinschaft und den regionalen und lokalen Akteuren in der Ukraine fungieren.

Dieses Projekt braucht unserer Hilfe! Die Online-Ausstellung ist daher mit einem Spendenaufruf verbunden.